Herbst Newsletter 2023

Ökologische Sanierung der Praterateliers und des Volkskundemuseum Wien

Seitens der Republik Österreich – vertreten durch das Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS) – ist von 2023-2027 eine Generalsanierung und Instandsetzung von zwei in Bundesbesitz befindlichen, denkmalgeschützten Objekte -Bildhauerateliers des Bundes, die sog. „Praterateliers“ (PRA) und des Volkskundemuseums (VKM) -geplant. Sie sollen zu Vorzeigeprojekten einer gelebten Baukultur und eines umweltbewussten Denkmalschutzes werden. Zusätzlich zum Erhalt der historischen Substanz und Erscheinung sollen die Sanierungsprojekte zu einer deutlichen Steigerung der Energieeffizienz der beiden denkmalgeschützten Gebäude beitragen.

Die Sanierung des Volkskundemuseum Wien entspricht der Baukulturellen Leitlinie des Bundes 18 „Öffentliche Mittel für das Bauen und Erneuern an Qualitätskriterien binden“ und den baukulturellen Leitsätzen der Stadt Wien. Das Museum, welches seit dem Jahr 1917 im Gartenpalais Schönborn im 8. Wiener Gemeindebezirk (Josefstadt) eingemietet ist, soll dabei von einem volkskundlich-ethnographischen hin zu einem modernen und international neuartigen Gesellschafts- und Kulturmuseum des 21. Jahrhunderts entwickelt werden. Durch die Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes – beispielsweise durch einen reduzierten Heizwärmebedarf oder einer Erneuerung der haustechnischen Anlagen – soll das Volkskundemuseum Wien auch zu einem überregionalen Beispiel für Sanierung anderer historischer und denkmalgeschützter Gebäude werden.

Die Sanierung der Praterateliers spiegelt unter anderem die Baukulturelle Leitlinie des Bundes 5 „Nachhaltigkeitsprinzip anwenden und weiterentwickeln“ wider. Die Ateliers im „Nord- und Südgebäude“ sind die beiden letzten erhaltenen Pavillons der monumentalen Anlage, die anlässlich der Weltausstellung 1873 errichtet worden ist. In den beiden Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von 3.500 Quadratmetern sind derzeit insgesamt 23 Ateliers untergebracht, die an Künstlerinnen und Künstler aus dem Bereich eines erweiterten Bildhauer- und Objektkunstbegriffs vergeben werden. Bei der Sanierung sollen ganzheitliche Qualitätskriterien sowie zeitgemäße Beteiligungs- und Planungsverfahren zum Einsatz kommen. Des Weiteren steht eine deutliche Steigerung der aktuellen Energieeffizienz bei der Sanierung im Mittelpunkt. Durch Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Gebäudehülle sowie der Heizsysteme sind Energieeinsparungen und eine Verminderung des CO2-Ausstoß von 10 bis 30 Prozent zu erwarten. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten sollen die Praterateliers neben der bisherigen Nutzung als längerfristige Förderateliers in Zukunft auch als Proberäume und projektbasierte Ateliers für junge Künstlerinnen und Künstler oder künstlerische Gruppen aus dem In- und Ausland sowie als Spielort für Performances zur Verfügung stehen. Ein Multifunktionssaal wird als Spielort für Performances, Vorträge, Film- und Videovorführungen u.ä. eingerichtet.

Diese Sanierungsprojekte werden durch die Europäische Union mit dem Aufbauinstrument „NextGenerationEU“ aufgrund des von der Republik Österreich zugrunde gelegten Aufbau- und Resilienzplans 2020-2026 (ARP) mit 35 Millionen Euro  gefördert.

Resilienzplan

im Detail siehe ARP, Anhang 1, S. 540

Praterateliers – 2., Meiereistraße 3 – Bildhauerateliers des Bundes

vor 150 Jahren (1873) errichtet nach Plänen von Carl von HASENAUER, „einer der ersten experimentell angelegten Kunstausstellungsbauten Wiens“ als „Pavillons des Amateurs“ Teil der Wiener Weltausstellung 1873
seit 148 Jahren (1875) Nutzung als Ateliers für Künstler:innen, Umbaukosten Nordpavillon 1875: 9060 Gulden (entspricht € 113.160,-), Jahresmiete 1875 pro Atelier: 220 Gulden (entspricht € 2.748,-)
seit 100 Jahren (1923) unter Denkmalschutz
Umbauten 1887, 1945, 1960er-1980er Jahre
24 Ateliers zwischen 45 m² und 435 m²
14 Ateliers fix vermietet
6 Ateliers temporär vermietet
4 Ateliers leer
4.100 m2 Nutzfläche, 6.700 m2 Gesamtfläche
Nordpavillon 2.090 m2 Nutzfläche, 3.464 m2 Gesamtfläche
Südpavillon 1.995 m2 Nutzfläche, 3.238 m2 Gesamtfläche
Sanierungsprojekt 2022-2025: Bautechnische Instandsetzung der Ateliers, Technische Instandsetzung der Haustechnik und Heizung, Technische Instandsetzung der Sanitäranlagen, Restaurierung und bautechnische Instandsetzung der Fassaden, Fenster, Türen, Einbau von 6 Projektateliers, Einbau eines Multifunktionsraumes, Schaffung von Lagerflächen für Künstler:innen

Für die Praterateliers sind € 14 Mio aus RRF-Mitteln vorgesehen. Baubeginn Bauphase I am 02.10.2023, beabsichtigter Baubeginn Bauphase II Anfang Februar 2024, Fertigstellung 2. Quartal 2025.

Volkskundemuseum – 8., Laudongasse 15-17

Das Volkskundemuseum Wien soll so zu einem Vorzeigeprojekt für umweltbewussten
Denkmalschutz und gelebte Baukultur sein. Neben dem Erhalt der historischen Substanz soll die
Sanierung zu einer Steigerung der Energieeffizienz beitragen. Das Museum soll sich von einem
volkskundlich-ethnologischen Museum zu einem modernen Gesellschafts- und Kulturmuseum
entwickeln.
Elemente des umweltbewussten Denkmalschutzes:

  • Durch die Sanierung wird sowohl der Lebenszyklus des historisch bedeutsamen Bauwerks verlängert, als auch seine Gesamtenergiebilanz verbessert.
  • Die überwiegend unveränderte Erhaltung der historisch überlieferten Substanz und Erscheinung zeigt den notwendigen verantwortungsvollen Umgang mit Primärenergie bzw. „Grauer Energie“.
  • Die Anwendung denkmalgerechter Materialien und Bautechniken ist eine echte – und oftmals jahrhundertelang erfolgreich erprobte – ökologische Alternative zu herkömmlichen Baumaterialien und Methoden.
  • Unter Berücksichtigung der Richtlinie Energieeffizienz am Baudenkmal des Bundesdenkmalamts ist von einer adäquaten energetischen Effizienzsteigerung auszugehen, vorhandene Potenziale werden reaktiviert und damit fossile Energie und CO²-Emissionen eingespart.

Für das Volkskundemuseum sind € 21 Mio aus RRF-Mitteln vorgesehen.

Quelle: DI Oliver Schreiber

Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport


Von 0 auf 100

100 Jahre Residenzgalerie Salzburg

Text: Thomas Habersatter

Anfangsjahre

Die Residenzgalerie Salzburg wurde am Dienstag, den 28. August 1923, um 10.30 Uhr eröffnet. Von Beginn an sollte das Museum als zweites kulturelles Zugpferd neben den Salzburger Festspielen eine internationale Ausrichtung erhalten. Dementsprechend ambitioniert wollte man den Aufbau des eigenen Sammlungsbestandes vorantreiben. Als Kuriosum kann angesehen werden, dass die Residenzgalerie ohne ein einziges eigenes Objekt gegründet wurde und damit von Anfang an auf öffentliche und private Leihgaben angewiesen war. Erst im Jahr nach der Eröffnung wurden erste Erwerbungen getätigt. Die Sammlungstätigkeit umfasste Skulpturen, Grafiken und Gemälde. Das Museum leitete ein Direktorium.

Die erste Saison 1923 endete bereits nach rund fünf Wochen am 7. Oktober. Dennoch konnte man mit knapp 2700 Besucherinnen und Besuchern einen Publikumserfolg erzielen. Die Öffnungszeiten waren bis zur Schließung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1939 auf die Sommermonate Anfang Juni bis Anfang Oktober beschränkt, was ganz praktische Gründe hatte: Es gab weder Strom noch Heizung und als Lichtquelle diente lediglich das Tageslicht, das die Fenster hereinließen. Die Wände der Räume waren mit strukturierten Tapeten versehen. Gemälde, Möbel und Skulpturen wurden gemeinsam neben- oder übereinander und teilweise in dichter Hängung oder Aufstellung präsentiert. Ein kleines Schildchen auf dem Rahmen der Gemälde oder neben den Objekten bezeichnete die Exponate. Kurztexte oder einen Ausstellungskatalog gab es damals noch nicht.

Die Fürsterzbischöfliche Residenz

Unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1559–1617, reg. 1587–1612) stieg Salzburg um 1600 zu einem bedeutenden Kunstzentrum in Mitteleuropa auf. Kurz nach seiner Amtsübernahme 1587 begann er, den alten mittelalterlichen Bischofshof in eine moderne Residenz zu verwandeln. Von Raitenaus Nachfolger veränderten den Bau, wodurch manches unwiderruflich zerstört wurde. Daher zeigt das Gebäude heute ein etwas gewandeltes Gesamtbild.

Die Fürsterzbischöfe betätigten sich bis zur Säkularisierung des Erzstiftes im Jahr 1803 als Kunstsammler. In den Jahren der napoleonischen Kriegswirren zerstreuten sich die Bestände, 1816 fiel das Land Salzburg zum größten Teil an das Kaisertum Österreich.

Von der Idee zum Museum

Mit dem Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen Monarchie Ende 1918 und der Auflösung des hofärarischen Besitzes wurde die im Herzen Salzburgs gelegene riesige Palastanlage der Residenz frei, die den Habsburgern seit dem Jahr 1816 für Verwaltungs-, Wohn- und Repräsentationszwecke gedient hatte. Um die Eigentumsfrage und die Frage der Nachnutzung entbrannte ein Streit zwischen Stadt und Land Salzburg sowie der Republik Österreich. Verschiedene Vorschläge lagen auf dem Tisch, die von der Errichtung von Wohnungen zur Linderung der Wohnungsnot über die Unterbringung städtischer Ämter bis hin zu einer großen Museumslösung reichten, die das Städtische Museum Carolino Augusteum (heute Salzburg Museum), ein Diözesanmuseum, die Sammlungen des Stiftes St. Peter, die Domsammlungen sowie eine Bildergalerie im dritten Obergeschoß am Residenzplatz umfassen sollten.

Nachdem es zu keiner Einigung kam und man längerfristig eine Schädigung des Fremdenverkehrs fürchtete, beschloss der Salzburger Landtag am 26. März 1923 die Errichtung einer Gemäldegalerie in der Residenz. Treibende Kraft hinter dieser Museumsidee war neben Salzburger Künstlern (allen voran Anton Faistauer) und Kulturvereinen der Salzburger Historiker und Staatsarchivar Franz Martin. Unterstützung fand er beim Landeskonservator Eduard Hütter.

Abbildungsnachweise

  1. Albert Christoph Dies (1755–1822), Der Salzburger Landschaftszyklus für Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo: Hohensalzburg, bez. r. u.: A. C. Dies 1797 p., Öl/Leinwand, 120  x 179 cm, Residenzgalerie Salzburg, Inv.-Nr. 647, © 2023 RGS/Ghezzi
  2. Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669), Betende alte Frau, um 1629/30, bez. r. o.: R, Öl/Kupfer, 15,5 x 12,2 cm, Residenzgalerie Salzburg, Inv.-Nr. 549, © 2023 RGS/Ghezzi
  3. Unbekannter Maler, Ansicht eines Raumes im Czernin’schen Palais der Wiener Innenstadt, Wallnerstraße 3, Oberstkämmerer Graf Johann Rudolf Czernin von Chudenic.  Schreibzimmer meines Vaters zu Wien 1835, Aquarell, Privatbesitz, © 2023 Graf Czernin
  4. Residenzgalerie Salzburg, Raum 5, Ausstellungsaufnahme 2023, © 2023 RGS/Ghezzi
  5. Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865), Kinder im Fenster, 1853, bez. l. u.: Waldmüller 1853, Öl/Leinwand, 85 x 69 cm, Residenzgalerie Salzburg, Inv.-Nr. 335, © 2023 RGS/Ghezzi

Historische Ausstellungsräume

Mit Unterstützung des Bundes konnten im dritten Obergeschoß des Osttraktes der Residenz über den Prunkräumen zum Residenzplatz Ausstellungsräume für das neue Museum eingerichtet werden.

Bereits unter Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo (1732–1812, reg. 1772–1803/1812) war im dritten Obergeschoß eine Gemäldegalerie untergebracht gewesen, die der Maler Andreas Nesselthaler (1748–1821) Anfang der 1790er-Jahre im Auftrag seines Landesherrn aufgebaut hatte. Einige der Werke aus der Sammlung, wie beispielsweise der vierteilige Salzburger Landschaftszyklus von Albert Christoph Dies (1755–1822), den Colloredo in Auftrag gab, werden heute im Inventar der Residenzgalerie Salzburg geführt.

Ein Beginn mit Leihgaben

Wie bereits eingangs erwähnt, wurde das Museum ohne ein einziges eigenes Objekt gegründet. Den Grundstock des neu geschaffenen Museums bildeten langfristige Leihgaben aus dem Bundesbesitz; Leihgaben kamen aber auch vom Land Salzburg sowie aus Salzburger Stifts-, Kirchen- und Privatbesitz.

Von Beginn an sollte die Residenzgalerie Salzburg eine internationale Ausrichtung erhalten, die sich in der Präsentation bedeutender europäischer Kunstlandschaften widerspiegelte.

Schließung und Wiedereröffnung

Am 5. August 1939 wurde die Residenzgalerie Salzburg geschlossen; die Räumlichkeiten wurden in der Folge vom Gauleiter für Repräsentationszwecke genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Schicksal der Residenzgalerie Salzburg lange Zeit ungewiss. Ende 1951 beschloss man in einer Kuratoriumssitzung die Wiedereröffnung des Museums, die am 2. August 1952 mit einem Festakt begangen wurde.

Die Wiener Adelssammlung Czernin – Grundstock des Museums

Im Jahr 1954 wurde zwischen dem Land Salzburg und Eugen Graf Czernin ein Leihvertrag für die Dauer von 16 Jahren abgeschlossen, wodurch sich das Profil der Residenzgalerie Salzburg schlagartig veränderte: Das Museum wandelte sich zu einer Gemäldegalerie internationalen Zuschnitts. Damit verbunden war auch der Beginn einer regen Ankauftätigkeit.

Zu den bedeutendsten Werken der Sammlung Czernin zählten niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die italienische und französische Barockkunst. Zwischen 1956 und 1994 wurden 70 Objekte aus der Adelssammlung in der Residenzgalerie Salzburg inventarisiert, darunter Rembrandts Betende alte Frau.

Begründet wurde die Sammlung am Beginn des 19. Jahrhunderts durch Johann Rudolf Graf Czernin von Chudenitz (1757–1845). Seine Mutter war eine Schwester des Salzburger Fürsterzbischofs Hieronymus Graf Colloredo, an dessen Hof Johann Rudolf ab 1774 studierte. Präsentiert wurden die Gemäldesammlung in seinem Wiener Palais in der Wallnerstraße 3 im 1. Bezirk.

Ein Aquarell aus dem Jahr 1835 zeigt Johann Rudolf Graf Czernin an seinem Schreibtisch sitzend in seinem Schreibzimmer. Zahlreiche Gemälde, die hier abgebildet sind, werden heute im Inventar der Residenzgalerie Salzburg geführt, wodurch der Raum in der Jubiläumsausstellung rekonstruiert werden konnte.

Sammlungszuwächse und -abgänge

Die Residenzgalerie Salzburg konnte bis zum Jahr 2023 bedeutende Sammlungszuwächse verzeichnen. Neben der niederländischen Malerei sowie der französischen und italienischen Barockkunst wurde der Bestand um österreichische Barockgemälde und die österreichische Malerei des 19. Jahrhunderts erweitert. Darunter befindet sich auch das Gemälde Kinder im Fenster von Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865), das durch eine aufwendige Restaurierung zum Jubiläumsjahr in den der künstlerischen Intention entsprechenden Zustand zurückgeführt werden konnte.

Die im Laufe der Jahre erworbenen Bestände des 20. Jahrhunderts wurden 1983 an die neu gegründete Moderne Galerie und Graphische Sammlung Rupertinum (heute Museum der Moderne) abgegeben.

Die Residenzgalerie Salzburg im DomQuartier Salzburg

Seit 2014 ist die Residenzgalerie Salzburg gemeinsam mit den Prunkräumen der Residenz, dem Dommuseum Salzburg und dem Museum St. Peter Teil des neu gegründeten DomQuartier Salzburg. Die Besucherinnen und Besucher werden eingeladen zu erleben, was Stadt und Land Salzburg über Jahrhunderte prägte: das Zusammenspiel von weltlicher und geistlicher Macht.

Ausführliche Informationen zur Geschichte der Residenzgalerie Salzburg und zur Sammlung sind im Katalog zur Ausstellung zu finden.

Ausstellung:
Von 0 auf 100
100 Jahre Residenzgalerie, 100 Gründe zum Feiern
7 Juli 2023 – 13 Mai 2024
DomQuartier Salzburg
Residenzplatz 1, 5020 Salzburg

Katalog zur Ausstellung: € 18,90
Vortrag zur Sammlung Czernin: 28.2.2024, Dr.in Roswitha Juffinger
Sammlung Online
Gesprächsreihe und Führungen siehe

Dr. Thomas Habersatter

Kunsthistoriker. Kustode und Ausstellungskurator der Residenzgalerie Salzburg. Zahlreiche Publikationen und Ausstellungen zur bildenden Kunst. Seit 1996 Lehrbeauftragter an der Paris Lodron Universität Salzburg, Abteilung Kunstgeschichte.



Schloss Waldenfels

Ein verträumter Ort, wie geschaffen für erlesene Kammermusik in familiärer Atmosphäre

Text und Fotos: Therese Backhausen

Das imposante Schloss, auf der Felsrippe eines Hochplateaus nordwestlich von Freistadt und nur wenige Kilometer von der böhmischen Grenze entfernt gelegen, wurde um die Mitte des 14. Jh. erbaut und wird seit dem Jahre 1636 von der Familie Grundemann-Falkenberg bewohnt. Schlossherr Dominik Grundemann-Falkenberg hat den Besitz samt Forst- und Feldwirtschaft ins 21. Jahrhundert geführt und nützt ihn in erster Linie privat. In der warmen Jahreszeit allerdings öffnet er sein Haus für verschiedene Veranstaltungen, vor allem für erlesene Konzerte von hoher Qualität.

„Gerade sind die Bogensporttage Waldenfels zu Ende gegangen“, erzählt Dominik, der Sohn von Elisabeth Grundemann-Falkenberg, der langjährigen Vizepräsidentin unseres Vereines. „Und auch die diesjährigen Kammermusikkonzerte sind schon wieder vorbei.“ Als er, der eine 3-D-Computeranimationsfirma betrieb, den Besitz in den 1980er-Jahren von seinem Großvater Ernst, einem engagierten Politiker, erbte, waren die enormen Devastierungen des Weltkrieges schon längst überwunden. Als er aber dann im Jahr 2000 den Betrieb übernahm, stand er vor der Aufgabe, ein leer stehendes und wirtschaftlich kaum nutzbares Gebäude finanziell erhalten zu müssen. Um ideale Nutzungskonzepte erarbeiten zu können, wurde auf seine Initiative hin mit der Erfassung der historischen, kunsthistorischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Herrschaft gestartet, bevor auf dieser Grundlage Pläne für die Revitalisierung und Nutzung erstellt werden konnten. Alle möglichen Vorschläge, wie z. B. die Etablierung einer Wirtshausbrauerei und dergleichen, konnten aufgrund der erforderlichen geldintensiven Umbauten nicht umgesetzt werden. Was also nun tun? „Die zum Betrieb gehörenden Felder wurden verpachtet, die Forstwirtschaft wurde behalten“, erzählt er.

Die barrierefreien Räumlichkeiten des Erdgeschosstraktes allerdings boten sich für etwas ganz anderes an – und zwar für kleine, aber feine Musikdarbietungen. Der Musiksommer im Schloss Waldenfels hat sich über die letzten Jahre dank des Engagements und guten Gespürs der künstlerischen Leiterin, Dr. Nina Maderna, die genau erkannte, was dieses Haus braucht, erfolgreich etabliert. Seit einigen Jahren erfreut sich das interessierte Publikum an einer Reihe von Konzerten mit hochkarätigen Musikern unterschiedlichen Genres, wie zum Beispiel den Klaviervirtuosen Florian Krumpöck und Margarete Babinsky, den Bassbaritonen Adrian Eröd und Martin Achrainer oder auch Willi Resetarits, der Tschuschenkapelle, den Strottern und vielen anderen. Und das alles wie früher – im privaten Rahmen und gänzlich ohne technisches Equipment.

Schloss Waldenfels ist eine große, im Barock und Historismus adaptierte Renaissanceanlage, die sich ringförmig um den zentralen Burgfelsen legt. Der östliche Bereich ist durch einen zweigeschossigen, mehrflügeligen Wohnbau mit Arkaden strukturiert, der nördliche durch einen mehrschichtigen Wirtschaftshof und der südwestliche mit tiefer liegenden Gartenterrassen und dem ehemaligen Turnierhof. Im Süden und im Osten ist noch der ehemalige Burggraben erhalten.

Die Geschichte des Baues reicht weit zurück, über seine Anfänge weiß man allerdings so gut wie nichts. Es wird aber vermutet, dass es schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung aus dem Jahre 1380, in der die Familie der Waldburger als landesfürstliche Lehensnehmer namentlich genannt wird, eine Art Befestigung, einen künstlichen Wall gab. Dieser könnte eventuell der Bevölkerung als Zufluchtsort vor den herrschenden Adelsfehden und den Hussiteneinfällen gedient haben. In die Zeit des 14. Jh. fällt auch die Errichtung des Kernbaues, eines von einer Ringmauer umgebenen Turms, der den markanten Burgfelsen krönte und vermutlich kurze Zeit später zu einem bis zum Anfang des 19. Jh. existierenden Wohnturm erweitert wurde. Mangels Interesses am Anwesen folgte dann ein rascher Besitzerwechsel von den Tannenbergern zu den Zinzendorfern, zu Peter Hager und zu Hans dem Geiselberger, der die Burg 1390 an Herzog Albrecht verkaufte. In weiterer Folge waren der Reihe nach die Starhemberger, die Plankensteiner, die Pollheimer und ein Jörger zu Tollet Herren auf Waldenfels. Im frühen 16. Jh. wurde unter Nutzung der spätmittelalterlichen Außenmauern die sogenannte Unterburg errichtet, die in etwa das heutige nordwestliche Wirtschaftsareal umfasst. Kurz darauf kam ein südwestlicher Speicherbau dazu, der später – in Waldenfels saß zu dieser Zeit bereits die niedere, danach die hohe Gerichtsbarkeit – als Gerichtsbau genutzt wurde und heute die Schlosskapelle beherbergt. Letztere ist ein Raum mit markantem Kreuzgratgewölbe auf zwei Granitpfeilern, der zuvor, wie in die Mauer geritzte Inschriften aus dem frühen 17. Jh. bezeugen, als Gefängnis eingerichtet war. Auch Gefängniszellen sind noch erhalten. Gegen Ende des 16. Jh. wurde dann unter den neuen Eigentümern, der streng protestantischen Familie Stängl, ein umfangreicher Ausbau der mittelalterlichen Burg zu einem Schloss in den noch heute erhaltenen Grundformen mit Arkadengang, Portalanlage und Treppenturm vorgenommen. Im Bereich der Unterburg wurden die alten Gebäude durch Pferdeställe ersetzt.

Bald aber begann der ansehnliche Besitz zu bröckeln, Nachkommen fehlten, das Geschlecht der Stängl löste sich auf. Und auch mit dem Protestantismus war es zu Ende, als im Jahr 1636 der Schlosskomplex samt Besitzungen an den erzkatholischen Constantin Grundemann-Falkenberg verkauft wurde, der Vizedom, Landrat, Landesanwalt und Hofkammerrat war und seine neue Herrschaft rekatholisierte. Seit damals ist das Schloss ununterbrochen im Besitz dieses Geschlechts. Warum es sich so lange in der Familie gehalten hat? „Dies ist dem Fideikommiss zu verdanken“, erzählt der Schlossherr, „den Constantins Sohn einleitete und der während des Nationalsozialismus 1939 für erloschen erklärt wurde.“

Im 17. Jh. folgten weitere Ausbauten wie das Gartenareal mit dem Turnierhof, der Sala Terrena, dem Hofbrunnen und dem Schlossteich. „Mit der Ausstattung des Schlosses durch mehrere Gartenterrassen sowie durch eine Sala Terrena mit mythologischen Skulpturen und künstlicher Grotte vollzieht Waldenfels den endgültigen Wandel vom einfachen Verwaltungsmittelpunkt zum modernen, hochadeligen Landschloss des Frühbarock.“[1] Die vollständig erhaltene Sala Terrena ist insofern bemerkenswert, als sich darin bis heute unverändert zwei Grottennischen aus gefärbtem Putz befinden. Die Figurengruppe erzählt die Geschichte der Nymphe Galathea.

Das 18. Jh. bescherte dem Anwesen einige Umbauten in den Salons sowie im Wirtschaftstrakt. Im 19. Jh. wurde der Wohnturm abgetragen und der Arkadengang des Wohntraktes verglast. Zudem wurden dem mittelalterlichen Gemäuer Zinnen als repräsentatives Machtsymbol aufgesetzt und im Osttrakt weitere Veränderungen vorgenommen.

Nicht ohne Stolz kann der heutige Schlossherr auf seine Vorfahren zurückblicken, war doch Constantin seit 1620 mit Cäcilia Alt von Altenau verheiratet, einer Tochter des Salzburger Erzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau und der Salome Alt. In der Schlosseinfahrt sind beide im Wappen aus dem Jahr 1636 als Erinnerung an den Schlosskauf genannt. Schlägt sich diese Salzburg-Connection etwa gar im Grottenprogramm nieder, das sein Vorbild in der Grottennische im Salzburger Residenzhof haben könnte?

Die aus Bamberg stammende Familie Grundemann-Falkenberg, die schon 1613 in den erbländischen österreichischen Adel und 1628 in den oberösterreichischen Ritterstand aufgenommen wurde, erfuhr durch die Erhebungen in den Freiherrenstand (1696) und in den Grafenstand (1716) eine laufende Aufwertung und prägte die Gegend nachhaltig. Das standesgemäße Auftreten und die familiären Verbindungen mit den Familien Harrach, Khevenhüller sowie Arco bedingten auch eine standesgemäße, für den Barock zwingende Architektur, die bis heute bewahrt ist. Dominik Grundemann-Falkenberg, seit einigen Jahren Präsident der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich, Wirtschaftsbundobmann und Gemeinderat, ist wie schon seine Vorfahren darauf bedacht, die Gebäude zu erhalten und vor dem Verfall zu bewahren.

[1] Patrick Schicht, Schloss Waldenfels im Mühlviertel, Studien zur Baugeschichte, S. 164

Verwendete Literatur:

Patrick Schicht,

Schloss Waldenfels im Mühlviertel. Studien zur Baugeschichte; in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines, Gesellschaft für Landeskunde, 2005

Klaus Birngruber,

Waldenfels im Mühlviertel. Untersuchungen zur Geschichte der Herrschaft und ihrer Besitzer; in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs. Bd. 21, Linz 2008

Das Musikprogramm entnehmen Sie bitte folgender Webseite: http://www.waldenfels.at




Martin Hochleitner, Direktor des Salzburg Museum, im Interview

Interview: Therese Backhausen

Alle Fotos © Salzburg Museum

Das Salzburg Museum blickt auf eine beinahe 190-jährige Geschichte zurück und gilt heute als größtes und ältestes Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Salzburg. Es umfasst derzeit insgesamt acht Standorte, in denen sammlungsbezogene Museumsarbeit geleistet wird und die in der Neuen Residenz, im Panorama Museum, Festungsmuseum, Spielzeug Museum, Volkskunde Museum und Domgrabungsmuseum, DomQuartier/Nordoratorium sowie im Studiengebäude Alpenstraße wie ein roter Faden durch die Mozartstadt führen. Seit 2012 ist der Archäologe und Kunsthistoriker Dr. Martin Hochleitner Direktor des Museums. Geboren 1970 in Salzburg, startete er seine Karriere im Jahr 1993 am Institut für Kulturförderung beim Land Oberösterreich; anschließend war er Leiter der Galerie im Stifterhaus sowie der Landesgalerie am Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz wie auch Lehrbeauftragter und Universitätsprofessor an der Kunstuniversität Linz. 2013 erhielt er den Österreichischen Staatspreis „Ars Docendi“ für exzellente Lehre.

VHGÖ: Lieber Martin, das Salzburg Museum hat ja verschiedene Standorte. Es ist bekannt, dass weitere Projekte im Entstehen sind. Um welche Projekte handelt es sich und wo werden diese sein?

M.H.: Wir befinden uns als Salzburg Museum tatsächlich gerade in einer extrem spannenden Phase unserer Institutionsgeschichte. Wenn alles klappt, werden wir bis 2028 insgesamt vier neue Museen eröffnen. Erstens erweitern wir am Standort der Neuen Residenz unser Haupthaus und können gleichzeitig in Kooperation mit der Österreichischen Galerie Belvedere das „Belvedere Salzburg“ entwickeln. Das zweite Museum entsteht im ehemaligen Barockmuseum im Mirabellgarten als „Orangerie Salzburg“. Dort können wir künftig das berühmte Panorama von Johann Michael Sattler neu und barrierefrei präsentieren und in diesem Rahmen auch das Thema UNESCO Welterbe Salzburg vermitteln. Das dritte Projekt steht in Hellbrunn ganz im Zeichen von „Sound of Music“. Und schließlich werden wir das bestehende Domgrabungsmuseum durch neue Räumlichkeiten in der Alten Residenz als „Römermuseum Iuvavum“ neu positionieren können.

Das Ganze soll also bis 2028 abgeschlossen sein.

Ja, genau. Wir hoffen, die Projekte so takten zu können, dass wir 2025 die „Orangerie Salzburg“ starten werden, 2026 dann „Sound of Music Salzburg“, 2027 „Belvedere Salzburg“ und 2028 das „Römermuseum Iuvavum“.

Was mich interessiert, ist die Frage, wie der Austausch zwischen den einzelnen Häusern, die ja bis jetzt schon bestehen, aussieht und welche Synergieeffekte sich daraus ergeben.

Ich bin überzeugt, dass wir die aktuellen Museumspläne nur durch die bisherige Organisationsentwicklung der letzten zwanzig Jahre meistern können. Das heißt, dass das Salzburg Museum auf Grundlage von „Shared Services“ funktioniert. In allen Bereichen haben wir Teams, die für die Gesamtorganisation agieren und nicht in Parallelstrukturen einzelner Häuser. Somit werden wir mit den neuen Museen unsere Teams personell stärken, aber keine neue Organisationsform etablieren. Ich glaube, dass dieser Faktor auch für die interne Akzeptanz des Gesamtvorhabens mit vier neuen Museen wichtig ist.

Mit welchen anderen Museen kooperiert das Salzburg Museum noch?

Kooperationen sind Teil unserer DNA – regional, national und international. Als Salzburg Museum haben wir auf der einen Seite sehr viele internationale Kooperationen. In den letzten Jahren war das Albertinum von Dresden zu Gast bei uns. Wir haben mit dem WallrafRichartzMuseum aus Köln kooperiert, auch mit dem Louvre, was für uns in der Institutionsgeschichte ein besonderes Highlight war. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit sehr vielen österreichischen Institutionen zusammen: in den letzten Jahren natürlich am intensivsten mit der Österreichischen Galerie Belvedere – aktuell bei der Fischer-von-Erlach-Ausstellung in der Kunsthalle –, jedoch auch mit dem Wien Museum. Und dann besonders gerne mit den Partnerinnen und Partnern in Salzburg, wie dem Museum der Moderne, dem DomQuartier, dem Haus der Natur und dem Freilichtmuseum. Ebenso mit den Regionalmuseen durch viele Leihgaben und gemeinsame Vorhaben.

Stichwort Johann Bernhard Fischer von Erlach, dem mit Salzburg ja so eng verbundenen Baumeister: Das Salzburg Museum widmet ihm zum 300. Todestag eine sehr interessante und mit dem Wien Museum kuratierte Ausstellung. Was ist das Ziel dieser Ausstellung?

Die Ausstellung ist für uns vor allem ein großer Glücksfall in der Form ihrer Entwicklung und durch die Zusammenarbeit mit dem Wien Museum. Auch ein schöner Zufall, dass das Wien Museum an die Karlskirche angrenzt und wir uns in Salzburg sozusagen in Blickweite zur Kollegienkirche befinden – beides herausragende Bauten von Fischer von Erlach. Das Besondere an unserer gemeinsamen Ausstellung ist das eingelöste Ziel, möglichst vielen Menschen das Phänomen Fischer von Erlach zu vermitteln. Auch um zu zeigen, dass Salzburg ohne Fischer von Erlach nicht vorstellbar wäre, so wie die Epoche des Barocks in Österreich nicht ohne seine Leistungen geschrieben werden könnte. Wir sind als Team nach fünf Monaten Laufzeit der Ausstellung im Haus überzeugt, Fischer von Erlach einem diversen Publikum sehr differenziert und nachhaltig präsentiert zu haben: als ein Übersetzer römischer Erfahrungen und Eindrücke in Wien und Salzburg, als Architekt, Bildhauer und selbst Bauhistoriker, und das alles in einem genialen Ausstellungssetting, das von Werner Feiersinger entwickelt wurde und selbst einen überzeugenden Eindruck von künstlerischer Forschung liefert.

Gibt es ein Rezept für spannende, interessante Ausstellungen?

Entscheidend ist für mich immer die spürbare Gegenwart einer Ausstellung, ebenso die Erläuterung ihrer Ziele. Und Gäste schätzen in unserer Ausstellung auch die Sichtbarkeit von kuratorischen Teams sowie die Vermittlung ihrer Konzepte und die Antwort auf die Frage, warum wir die Ausstellung so gemacht haben und nicht anders. Letztlich sind Ausstellungen immer auch eine Form der institutionellen Erzählung. Damit offensiv und transparent umzugehen, ist für viele Museumsgäste überraschend und gleichzeitig spannend. Auch bin ich überzeugt, dass man einen guten Spirit im Ausstellungsteam spürt – für mich ein persönliches Ziel, das viel mit gegenseitiger Wertschätzung und Respekt vor allen Aufgabenfeldern zu tun hat.

Welche Ausstellungen sind in nächster Zeit geplant?

Aktuell bereiten wir ein Gesamtkonzept an Ausstellungen unter dem Titel „Salzburg Museum – Gastspiel“ vor. Da die Neue Residenz durch den Umbau ab Ende 2023 für den Publikumsbetrieb geschlossen ist, werden wir mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern in Stadt und Land Salzburg eigene Ausstellungen realisieren – immer in Bezug auf unsere Sammlung und gleichzeitig im Sinne des Profils der kooperierenden Institution. Ein Beispiel ist eine monografische Ausstellung über den Salzburger Architekten Gerhard Garstenauer. Sein Nachlass ist Teil unserer Architektursammlung und wird 2025 im Zentrum einer Präsentation in der Initiative Architektur stehen.

Wenn du jetzt auf deine bisherige Karriere zurückblickst – gibt es eine Ausstellung, die du heute als erfolgreichste betrachten würdest? Oder anders gefragt: Welche hat dich besonders glücklich gemacht?

Da müssten wir vorab über den Begriff „Erfolg“ diskutieren und auch darüber, wie wir Erfolg bemessen wollen. Fest steht, dass wir im Salzburg Museum in den letzten Jahren mehrere sehr große Ausstellungen realisieren konnten. Drei Landesausstellungen, Kooperationen mit bedeutenden Museen in Österreich, Deutschland und Frankreich, ebenso Projekte, die mit großem Forschungsaufwand im Team verknüpft waren. Da möchte ich wirklich keine Ausstellung in besonderer Weise auswählen wollen. Für mich ist die befriedigendste Erfahrung dann, wenn eine Ausstellung als eine Teamleistung empfunden wird. Dass wir es gemeinsam geschafft haben, die unterschiedlichen Perspektiven und Kompetenzen in die Ausstellung einfließen zu lassen. Und das spüren dann auch unsere Gäste, selbst wenn es Kritik an Projekten gibt. Aber ich finde, die Menschen schätzen es schon sehr, wie wir als Haus Ausstellungen konzipieren und Themen angehen.

Was macht das Salzburg Museum so einzigartig? Und wie siehst du seinen Stellenwert in der österreichischen Museumslandschaft?

Ich glaube, unsere Stärke besteht einerseits darin, dass wir sehr gezielt orts-, sammlungs- und standortbezogen im Salzburg Museum arbeiten und diese Überzeugung auch selbstbewusst vertreten. Auf der anderen Seite ist Salzburg ein herausragender Museumsstandort. Kultur ist identitätsstiftend für die Stadt, und dazu gehört auch das museale Angebot. Wir erreichen in unseren Häusern circa eine Million Gäste pro Jahr. Das sind Größenordnungen, die in anderen Bundesländern von vergleichbaren Museen kaum zu erreichen sind.

Muss man in einem mit Mitteln der öffentlichen Hand geführten Museum anders agieren als in einem privaten?

Ganz sicher – auch in Bezug auf unseren Auftrag. Wir sind eine gemeinnützige Kultureinrichtung, die von Stadt und Land Salzburg mit dem vereinbarten Selbstverständnis getragen wird, als ein inklusives Museum zu wirken und barrierefreie Angebote zu bieten. Das reicht bis zu Sprachkursen für Menschen mit Sprachschwierigkeiten bzw. Migrationshintergrund, natürlich mit dem Ansatz, gleichzeitig die Inhalte unseres Museums zu vermitteln und Teilhabe an unseren Angeboten zu ermöglichen. Es geht somit um die Wahrnehmung eines gesellschaftlichen Auftrags, den wir als sehr wichtig empfinden. Angebote wie freie Eintritte für Kinder und Jugendliche im Klassenverband sind für private Museen deutlich schwieriger zu bewerkstelligen, auch wegen der finanziellen Rahmenbedingungen. Was nicht heißt, dass wir bei einer Million Gäste nicht auch wirklich darauf schauen müssen, Einnahmen durch Eintritte, Shop-Erlöse und weitere Dienstleistungen zu erzielen.

Wie gehst du mit dem Anspruch um, Wissenschaft und Publikumsgunst miteinander zu verbinden?

Ich bin überzeugt, dass Museen wirklich Wissen schaffen, jedoch in anderer Form als zum Beispiel Universitäten. Und da geht es nicht um wissenschaftliche Standards, die natürlich auch von Museen zu erfüllen sind. Den großen Unterschied sehe ich in dem speziellen Auftrag, sammlungsbezogenes Wissen differenziert und barrierefrei zu vermitteln. Auch sind viele Menschen selbst in unsere Museumsarbeit integriert – Stichwort Ehrenamt und Citizen Science. Diese dialogischen Möglichkeiten von Forschung und Wissenschaft im Museum finde ich extrem spannend.

Jetzt zu einem ganz anderen Thema: Wir erleben ja gerade sehr unsichere und krisenhafte Zeiten. Hast du das Gefühl, dass Kunst und Kultur aktuell gebührend Aufmerksamkeit gewidmet wird?

Ich bin überzeugt, dass die Krisen der letzten Jahre die Bedeutung von Kunst und Kultur sehr deutlich gemacht haben, ebenso die Stärke von uns Museen, wie wir modellhaft für die Gesellschaft schwierige Themen verhandeln können – auch als Gegenkonzept zu populistischen Angriffen auf gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen. Museum als Ort der Verhandlung von Krisen mit Mitteln der Kultur erscheint das Gebot der Stunde.

Eine der Krisen ist die Klimakrise. Inwiefern setzt sich das Museum mit Klimapolitik auseinander bzw. versucht, nachhaltig zu agieren?

Zum einen ist dieses Thema selbst Gegenstand unserer Ausstellungsprogrammatik. Wir haben exemplarisch in unserer neuen Dauerausstellung „Salzburg einzigartig“ einen Raum gemeinsam mit dem Sonnblick Observatorium entwickelt und thematisieren dort im Dialog mit einem der führenden Umwelt- und Klimaforschungsstationen Fragestellungen, die in unserer Sammlung sichtbar werden, wie etwa in unserem Bestand an historischen Fotografien, die eindrucksvoll den dramatischen Gletscherschwund in Salzburg zeigen können. Und zum anderen sind wir als Museum selbstverständlich gefordert, unseren Betrieb nachhaltig zu gestalten. In diesem Sinn haben wir 2022 den Prozess für die Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen gestartet. Gleichzeitig versuchen wir schon jetzt, unsere Arbeit immer stärker auf den von ICOM moderierten Prozess zu den Nachhaltigkeitszielen auszurichten. Das Projekt „17×17“ (Anm. d. Red.: 17 Museen, 17 SDGs) hat hier insgesamt wichtige Impulse für die Museumslandschaft in Österreich setzen können.

Was treibt Martin Hochleitner abseits von Kunst und Kultur an?

Ganz intensiv bewegen mich Begegnungen mit Menschen und Erfahrungen von Landschaft und Natur. Ich liebe Gärten und die Bienen meines Sohnes.

Hast du das eine oder andere Lieblingsexponat im Haus?

Mich interessieren insbesondere Geschichten, die mit Sammlungsobjekten verbunden sind, zum Beispiel mit einem Prunkkarabiner von Erzbischof Matthäus Lang von Wellenburg aus dem 16. Jahrhundert, gleichzeitig die Inventarnummer 1 unserer Waffensammlung. Sie war seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verschollen. 2016 ist es uns nach einem Hinweis des British Museum und durch die folgende Unterstützung des Metropolitan Museum gelungen, sie in den USA ausfindig zu machen und nach intensiven Verhandlungen sowie durch den Salzburger Museumsverein wieder nach Salzburg zurückzubringen. Eine unglaubliche Geschichte, von der wir gerne erzählen.

Und welche Visionen und Wünsche für das Museum sind bei dir noch offen?

Grundsätzlich ist diese Vision eben ganz stark mit unseren neuen Projekten verknüpft. Alle Vorhaben, die wir hoffentlich gut umsetzen können, sind aus einer Planungsperspektive im Haus vor zehn Jahren entstanden. Wenn wir diese jetzt realisieren können, dann haben wir auch für die nächste Generation im Salzburg Museum eine gute Basis für Museumsarbeit in Salzburg legen können. Das treibt uns an. Das ist unsere große Vision für das Salzburg Museum.

Danke für das Gespräch!


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